Interviewantworten für die Mittelbayerische Zeitung am 28.07.2020: Die Stadt prüft derzeit, ob Ihre Nacktschwimm-Aktion am Maria-Beer-Platz eine Ordnungswidrigkeit gemäß §118 OWiG (Belästigung der Allgemeinheit) darstellt. Wissen Sie von dieser Prüfung? Und was halten Sie davon? Anscheinend hat mich jemand angezeigt, die Stadt muss dem nun nachgehen. Ich halte das für Zeitverschwendung, denn laut Gesetz handelt ordnungswidrig, “wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen” (§ 118 OwiG). Nichts davon trifft hier zu; denn ich habe nichts beschädigt, keinen Lärm verursacht, keinen Müll hinterlassen und niemanden belästigt. Meine Nacktheit ist völlig harmlos. Wer sich die Videos anschaut, tut das aus freien Stücken. Ich rechne nicht mit Nachahmern. Die Gestaltung des Maria-Beer-Platzes mit zugehörigem leerstehenden Ladengeschäft, Baumquadraten, rauen Sitzwürfeln und Gussbetonmauer mit Brunnengrab, dem dazugehörigen Quartier an der Paarstraße und viele weitere Ort in dieser Stadt belästigen nicht nur mein persönliches Empfinden für Ästhetik und Gerechtigkeit. Flächendeckend wurde Bauland verschachert, dreistem Profitstreben untergeordnet, ganze Stadtteile wurden damit städtebaulich für immer verschandelt. Die Bauträger und die Eigentümergesellschaften kassieren die steigenden Mieten, aber die Bewohner können den belanglosen Stadtraum vor ihren eigenen Haustüren nicht gestalten. Diese „Normalität“ verursacht auf vielen Ebenen einen sehr großen Schaden am Gemeinwohl unserer Gesellschaft. Was wollten Sie mit Ihrer Aktion erreichen? Die positiven Rückmeldungen in persönlichen Begegnungen zeigen mir, dass viele Leute den Hintergrund meiner Aktion sehr gut verstehen und weiter denken. In meiner Performance setze ich mich mit der Situation am Maria-Beer-Platz auseinander. Die bewegte Gestalt macht nicht nur das Ausmaß dieser banalen Vorrichtung deutlich, sondern sie markiert auch den fundamentalen Gegensatz zwischen dem Menschlichen, Menschengemäßen und der kantigharten Rechtwinkligkeit dieser Betonanlage, die sich überdies über jedes Maß in die Länge zieht – nicht nur abstoßend in ihrer Erscheinung, sondern auch unhistorisch, denn so sahen die Schwengelpumpen der Weichser Radifrauen ganz gewiss nicht aus. Mit dem umfassenden Fragenkatalog, den ich an die Stadtverwaltung gerichtet habe, möchte ich mehr zu dem Ort und den Umständen seiner Entstehung in Erfahrung bringen und diese Erkenntnisse der Allgemeinheit zugänglich machen. Das entspricht meinem allgemeinen Anliegen, das Interesse der Regensburger*innen an der neueren Geschichte Regensburgs und an der Mitgestaltung der Stadtentwicklung anzuregen und zu fördern. Planen Sie weitere Aktionen dieser Art? Ich mache seit 20 Jahren mit unterschiedlichsten Mitteln Kunstaktionen an selbstgewählten Orten in Regensburg und habe mich dabei selten wiederholt. Berechenbare Kontinuität strebe ich an, wenn es in Projekten darum geht, offene Kulturorte für Nachbarn und Stadtteilbewohner zu etablieren. Wiederkehrende Rituale haben auch ihren Sinn, z.B. beim Freibaum Aufstellen.