Leerstand und Zerstörung gewachsener zivilgesellschaftlicher Strukturen, statt deren Nutzung für Bürgerbeteiligung und Stadtentwicklung bei gleichzeitigem Ausbau städtischer Infrastruktur.
Skript für Redebeitrag bei der OB Kandidatenrunde im Sportclub am 9.11.19:
Das Boschgelände befindet sich seit 2 Jahren in städtischem Eigentum und steht seitdem – vollkommen unnötig – ungenutzt leer, bis dort in ein paar Jahren verdichtetes Bauen realisiert werden wird. Es wäre ein idealer Ort im Sinne des städtischen Projekts “Soziale Stadt innerer Südosten” und des “integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts”, das die Stadtteile beiderseits der Bahnlinie verbinden will – unmittelbar daneben führt eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke über die Bahnlinien.
In den Hallen im 1. OG gab es 30 Jahre lang samstags einen für die Vermieter lukrativen multikulturellen Flohmarkt, den viele Bewohner*innen des Stadtteils besuchten. Im Erdgeschoss wurden ja bereits Vorbereitungen zur Einrichtung eines Lebensmittelgeschäftes getroffen. Denkbar wären auch soziale und kulturelle Zwischen-Nutzungen gewesen. Der im Stadtteil verankerte Hackerverein Binary Kitchen hat sich z.B. erfolglos um Räume beworben. Nach dem Verkauf an die Stadt wurde auf dem Boschareal aber die Chance vertan, in einer Übergangszeit mit zivilgesellschaftlich gewachsenen Strukturen weiterzuarbeiten und so Raum für sich andernorts weiter verstetigendes Engagement Kunst und Kultur zu schaffen. Das wären Strukturen, die die in der Prinz-Leopold-Kaserne oder der Nibelungenkaserne oder auch dem Stadtlagerhaus auf noch viel größerer Fläche selbstorganisierte Stadtteilkultur auf den Boden bringen würden, wozu weder städtische Einrichtungen noch „Kreativwirtschaft“ in der Lage sind. Auch das Bürgerbeteiligungsbüro des Projektes „Soziale Stadt“, das die Stadtteile auf beiden Seiten der Bahnlinie verbinden will, hätte von diesem am Safferlingsteeg (dem einzigen Bahnübergang) gelegenen Ort, aus viel besser operieren und sehr viel mehr Menschen erreichen können. Aber möglicherweise war das garnicht gewollt. Wir brauchen keine Bürgerbeteiligungsfolklore sondern Orte an denen Bürger sich beteiligen können!
Offenbar hat die Stadtregierung jedoch Angst davor, dass sie einen bestehenden sozialen Organismus nicht mehr loswerden könnte, und setzt so bedenkenlos ein frustrierendes Zeichen gegen bereits zivilgesellschaftlich gewachsene Strukturen.
Übrigens: Nebenan befindet sich der städtische Bauhof mit Personal und weiteren Werkstätten, und auf dem LERAG-Gelände dahinter hat man dem Bauträger, dem Immobilienzentrum (IZ), die Quote für Sozialwohnungen erspart und ein paar Artefakte gecastet – „Wohnen am Kunstpark“ nennt sich nun dieses unsoziale Projekt.
Bildergalerie Boschmarkt: <klick>
siehe auch: http://europabrunnendeckel.de/?p=7817#Bosch
Abschließend möchte ich betonen, dass wir die Sozial-Arbeit und Projekte der Stadt rund um das Ankerzentrum, den Bau eines Familienzentrum bei der Sportanlage an der Zeißstraße und das Projekt „Soziale Stadt“ etc. sehr begrüßen und für eine gute und sinnvolle Politik halten. Es ist nur so, dass städtische Einrichtungen Vieles gar nicht leisten können. Und: Stadtteilkultur besteht nicht nur aus dringend notwendiger städtischer Grundversorgung mit Kindertagesstätten, Schulen und Hilfsangeboten und einem Schwimmbad, sondern benötigt auch Räume für nicht städtisch gelenkte Kultur.